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Bonner Memorandum: Entwicklungshilfe für Afrika beenden – Afrika muss sich selbst entwickeln (wollen)“

als Ergebnis einer Gesprächsrunde Mitte September 2018 in Bonn

Angesichts der Erfahrungen der letzten Jahrzehnte und aus Respekt vor der Leistungsfähigkeit der afrikanischen Gesellschaften ist es geboten, auf ein Ende der bisherigen Entwicklungshilfe hinzuarbeiten und sie durch eine wirtschaftliche Zusammenarbeit auf der Grundlage beiderseitiger Interessen zu ersetzen.

Afrika kann auf das Helfersyndrom der „Geberländer“ verzichten. Vielmehr braucht Afrika (wie  seit Jahren von zahlreichen afrikanischen Autoren gefordert)  einen Paradigmenwechsel mit der Besinnung auf  eigene Stärken, aber auch die eigene Verantwortung für Entwicklung. Die „Geberländer“ missachten mit ihrer Einmischung und ihren  Hilfskapazitäten die Würde und die Bereitschaft zur Eigenverantwortung der Menschen in Afrika. Es muss Schluss sein mit unserem  paternalistischen Verhalten gegenüber Afrika; wir haben keineswegs immer die richtigen Lösungen anzubieten . Die Entwicklung Afrikas muss von innen kommen. Und die Afrikaner entscheiden dabei über ihren Weg, auch dann, wenn dieser nicht zu unserem Bild von Demokratie passt (Beispiel Ruanda).

Die bisherige Entwicklungshilfe für afrikanische Staaten macht keinen Sinn, weil

  • die herrschenden Gruppen dieser Länder offensichtlich nur das Ziel haben, sich persönlich zu bereichern („Milliardär-Präsidenten“). Entwicklungspolitische Transferzahlungen haben dabei auch eine Rolle gespielt.
  • die Kapitalflucht aus diesen Ländern höher ist als die Summe der Entwicklungshilfe-Gelder und der ausländischen Investitionen. Dieser Verlust wird nicht durch die Rücküberweisungen afrikanischer Migranten kompensiert, die vornehmlich familiäre Sozialinvestitionen fördern und nicht eine nachhaltige und breitenwirksame Entwicklung ihrer Heimatländer.
  • systematisch im Bewusstsein der afrikanischen Gesellschaften verdrängt wird, dass die starke Bevölkerungszunahme kausal relevant für Erfolg bzw. Misserfolg von Entwicklungsbemühungen ist, somit die Verarmung vieler Länder Afrikas durch die demographische Entwicklung vorprogrammiert ist.
  • die bäuerliche Landwirtschaft nicht umfassend unterstützt wird und fruchtbare Landstriche an andere Länder ,z.B. die Golfstaaten, vergeben werden. Von den Pachterlösen profitieren in erster Linie die jeweiligen Regierungen und nicht die nun als Arbeiter schlecht bezahlten Bauern.
  • die bestehenden Handelschancen vor allem auch zwischen den afrikanischen Ländern und die Möglichkeiten, sich gegen Billigimporte durch Zölle und Kontingente zu schützen, nicht wirklich genutzt werden
  • die Entwicklungshilfe von den europäischen Ländern instrumentalisiert   wird als Mittel gegen Flucht und Migration .Die intendierte Verknüpfung  mit sicherheitspolitischen Gesichtspunkten (z.B. die Unterstützung der Armeen und Polizeikräfte der Anrainerstaaten südlich der Sahara) ist höchst problematisch für jedes Verständnis von Entwicklung.

Wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Deutschland und afrikanischen Ländern auf der Grundlage beiderseitiger Interessen macht Sinn, wenn

  • wir unsere politischen und ökonomischen Interessen eindeutig definieren einschließlich der Beachtung international vereinbarter Werte, Normen und Standards sowie der Menschenrechte .
  • Deutschland eine eigene differenzierte Strategie gegenüber Afrika entwickelt, die auf die Überwindung postkolonialer Abhängigkeitsverhältnisse abzielt (d.h. Ende von:Rohstoffe gegen Industriegüter).
  • Afrika bereit ist, seine wertvollen Rohstoffreserven wie Gold, Platin, Diamanten, Phosphate, Coltan, Kobalt, Erdgas und Erdöl im eigenen Land weiterzuverarbeiten – so wie in z.B. in Botswana, wo inzwischen Rohdiamanten aus aller Welt sortiert, gehandelt und weiterverarbeitet werden in eigenen Werkstätten (arbeitsplatz- und einkommenschaffende Wertschöpfung).
  • afrikanische Regierungen bestehende Ansätze für ein Unternehmertum in Handwerk, Handel und Industrie fördern und nicht weiter behindern, und deutsche Unternehmen sich als faire Partner anbieten für eine zunehmend selbstbewusste afrikanische Wirtschaft.

Unterzeichnet u.a. von Illy, Hans F. –  Molt, Peter – Nuscheler, Karin – Nuscheler, Franz – Tetzlaff, Rainer – Addicks, Karl – Chantelauze, Marc – Dohrenbusch, Wim – Franzen, Volker – Hoffer, Wilfried – Kreuz, Leo – Kurt Gerhardt – Mönnich, Dieter – Runge, Wolfgang – Seitz, Volker – Thüsing, Klaus – Westreicher, Eduard – Zarth Elke – Kappel, Robert – Buch, Hans Christoph – Herz, Guido

 

Pdf datei hier:

Bonner Memorandum